Dem Zivilisationsmodell der Moderne liegt die Vorstellung zugrunde, wir könnten alle ein immer besseres Leben führen, wenn wir technisch-wissenschaftlichen und ökonomischen Fortschritt verbinden: „Man kombiniere wachsenden Wohlstand für möglichst viele Menschen mit einer liberalen, demokratischen Gesellschaft, und Friede und Glück werden einkehren“ (Gabriel, 2024, S.7)

Mutige Werteorientierung für Führungspersonen

Dem Zitat von Markus Gabriel folgt in seinem brandneuen Buch die Idee einer Neuen Aufklärung. Dieser Ansatz sieht vor, dass Wohlstand, Wohlfahrt und Ökonomie mit moralischem, menschlichem Fortschritt kombiniert werden müssen.

Die Vorträge des Philosophen und Vordenkers sind immer wieder ein persönlicher Ansporn für mich und meine Arbeit an der ICH-KULTUR. In der Arbeit mit meinen Klienten versuche ich, nicht nur selbst eine mutige Wertekultur zu leben, sondern angehenden Führungspersonen die Reflexion darüber zu ermöglichen. Dabei fällt auf, dass meine Klienten oftmals über ihre Vorgesetzten die Nase rümpfen. Manch einer erscheint desillusioniert, andere haben sich in eine Exitphase begeben, ohne durch ein „Quiet Quitting“ gegangen zu sein.

Können wir wissen, ob ein Neubeginn in einem anderen Unternehmen mit plakativ dargestellten Website-Werten uns tatsächlich bessere Führungspersonen bieten wird? Werden wir es mit echten Führungskräften oder mit Führungspersonen und Vorgesetzten zu tun haben? Sind Manager dort willig, sich mit den Parametern der Führungskunst zu befassen? Können wir uns schon im Jobinterview positionieren und erkundigen wir uns dort mutig über die Werteorientierung zukünftiger Vorgesetzter?

Merke:
Führung ist eine Kunst. Kunst kommt von Können, denn zur FührungsKRAFT© wird man erst, indem man sich mit seinem Inneren und seiner Selbstführung befasst.
Im Akronym KRAFT stecken Kommunikation-Resilienz-Agieren-Finesse-Techniken. Allen fünf Aspekten liegen ethische Überzeugungen und Werte zugrunde.
Mit meinen Klienten baue ich ein Wertegebäude aus Bauklötzen, die wir beschriften und strategisch so positionieren, dass sie nicht nur uns selbst in unserem Arbeitsumfeld, sondern auch Kollegen an elementare Werte erinnern (vgl. Malzacher, 2025, Kap. Methoden).
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Genau hinsehen

Ethische Verwerfungen und Verfehlungen begründen sich nicht nur in Inkompetenz bzgl. Leitung und Führung, sondern auch in rücksichtslosem Streben nach Macht und Gewinn. Woher kommt häufig fehlendes Engagement inkl. eines wirkungsvollen Feedbacks vonseiten Mitarbeitender? Die Angst um den Arbeitsplatz lässt Menschen den Mut verlieren? Kann es sein, dass Mitarbeitende ihre Arbeitsstelle oft als reine Erwerbsgelegenheit sehen und langjährig unzufrieden und unausgeglichen sind?
Steigende Zahlen mentaler Gesundheitsproblematiken, auch bei Jüngeren ArbeitnehmerInnen, in Deutschland und seit langem in den USA lässt komplexe Gründe vermuten.

Es reicht nicht, der Gen Z vorzuwerfen, sie wären faul und zu anspruchsvoll. Es reicht auch nicht, VUKA die Schuld für Missvergnügen im Alltag zu geben. Ausschließlich sozialen Netzwerken oder Fake News die alleinige Verantwortung zu geben, wäre vermessen. Schließlich fallen wir alle hin und wieder auf verbreiteten Unsinn herein.

Genau hinsehen will sagen, dass wir unsere Alltags- und Arbeitsorganisation bezüglich urmenschlicher Bedürfnisse betrachten sollten. Das Hamsterrad eines Weiter so könnte angehalten werden.

Genau hinsehen heißt auch, dass wir ehrliche Selbstreflexion betreiben sollten, statt 12 Monate dasselbe vom Gewohnten zu tun. Genau hinsehen bedeutet das eigne Lebenskonzept zu hinterfragen und zu erkunden, was genau jeweilige Bedürfnisse unbefriedigt lässt (vgl. Malzacher, 2025, Kap. Methoden).

Genau hinsehen bedeutet Zuversicht zu entwickeln, sodass wir uns mutig einsetzen könnten, für eine positive Richtung weg von den Wehklagen über einen Wohlstands- oder Sinnverlust. Hierzu brauchen wir unseren Glauben an die eigene Selbstwirksamkeit und humanistische Bildung. Erfolgreiche Selbstführung und die Kenntnis eigener Ängste, aber auch unsere individuellen Ressourcen ist die Voraussetzung für ethische und kraftvolle Mitarbeitendenführung hin zur FührungsKRAFT© (vgl. Malzacher, 2019, S.65-72)


  • Gabriel, M (2024) Gutes Tun – Wie der ethische Kapitalismus die Demokratie retten kann, Berlin: Ullstein
  • Malzacher, J (2019) Mut in der Arbeitswelt durch ICH-KULTUR, Wiesbaden: Springer
  • Malzacher, J (2025) Teamarbeit, Wohlbefinden, Organisationsentwicklung durch ICH-KULTUR, Wiesbaden: Springer