Eine wachsende Anzahl meiner Klienten ist unzufrieden im Job. Frische Führungskräfte berichten über Enttäuschung bezüglich ihrer organisationalen Umgebung, fühlen sich gestresst und manche sogar nahe einem Burnout. Gründe sind scheinbar schnell ausgemacht. Es muss an der jeweiligen Führungsperson liegen.

Vorsicht! Gehen wir so in die altbekannte Falle der Erwartungs-Erwartung (Müller; Nassehi 2013, S.97-106) und einer undefinierten Anspruchshaltung? Zusammen mit KlientInnen explorieren wir die genannte Unzufriedenheit und entdecken unter der Oberfläche, dass Unzufriedenheit auch in der Art der Personalauswahl gründet. Ist mein Klient in der richtigen Position, im passenden Unternehmen gelandet? Woran orientierte sich die Personalauswahl durch das Unternehmen?

Anwendertag in Bochum

Jedes Jahr im November hält der Wirtschaftspsychologe Prof. Hossiep mit seinem Team eine Tagung an der Universität Bochum ab. Managementberater und Personaler aus deutschen Unternehmen informieren sich über neueste Entwicklungen in der Persönlichkeitsdiagnostik und Personalpassung und können manche Tests selbst ausprobieren.

Das BIP®, Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung gilt laut Prof. Hossiep als Goldstandard in der Personalpassung. Die Tagung 2024 war geprägt durch die Vorstellung eines neuen validierten Tests OBOI ein Frühwarninstrument zur systematischen Erfassung des Burnout-Risikos sowie spannenden Anwenderberichten aus Unternehmen.

Bei einer launig herausfordernden Key-Note zum Thema Management-Diagnostik stellte der Prof. Hossiep die Frage, was Karriere-Erfolg eigentlich bedeutet.

Hier wirken laut der Bochumer Universitätsfakultät bestimmte Einflussfaktoren. Diese sind das individuelle Potenzial, Leistungsverhalten, gesellschaftliche Voraussetzungen und das allgemeine Karrierefeld inklusive der proaktiven Karriereplanung.

Wie kommt es, dass sich Top-Manager mit fraglichen Werten so lange in Unternehmen halten können und schließlich angeklagt werden oder im Gefängnis landen?

Durch Beispiele aus seiner Institutsarbeit wurde einmal mehr klar, dass Fremd- und Selbstbild manchmal diametral divergieren. Dabei wurde bestätigt, dass Profile nicht einfach ausgefüllt und in eine mentale Schublade gelegt werden, sondern immer in einem Folgegespräch exploriert werden müssen.

In der Arbeit eines IPC-Consultants und gesundheitsorientierten Coach für FührungsKRAFT, frage ich Führungspersonen, ob sie sich überhaupt zur FührungKRAFT entwickeln möchten. Hier geht es nicht nur um Persönlichkeitsanteile oder beschriebenes Verhalten, sondern um diejenigen Verhaltensweisen, die sich eine Person durch Modelllernen in einem sozio-kulturellen Lebens- und Arbeitsumfeld angeeignet und angewöhnt hat.

Es geht darum, dass sich ein Mensch bewusst und willig weiterentwickeln kann und bestimmte Kulturvariable ablegen oder neu erlernen könnte. Es geht auch um die Akzeptanz des Selbst und Talente, um Anpassungsfähigkeit und werteorientierte Durchsetzungsstärke. Es geht um Selbstkultivierung statt Selbstoptimierung, es geht um die Kenntnis der eigenen ICH-KULTUR® und zwar für alle, denn jeder führt sich zunächst selbst (Malzacher, 2021, S. 13-64).


  • Malzacher, (2021) Mit ICH-KULTUR zum privaten und beruflichen Erfolg, Wiesbaden: Springer
  • Müller, J; Nassehi, A (2013) Struktur und Zeit Kap 8 in: Horster, D (Hrsg.) Niklas Luhmann, Soziale Systeme, München: Akademie Verlag